Mamas Psyche in der Schwangerschaft

Tina Lauterbach | Lesedauer: 8 Minuten | 15.06.2021
Mamas Psyche in der Schwangerschaft

Eine Schwangerschaft ist in jeder Hinsicht ein einzigartiges Erlebnis. Es ist für viele Eltern trotz neunmonatiger Vorbereitungszeit fast unmöglich zu begreifen, welches Wunder sich bei der Geburt wirklich abspielt. Während in Dir als Mama neues Leben heranwächst, finden natürlich auch zahlreiche körperliche Veränderungen statt. Auch Deine Psyche als werdende Mutter wird von dieser unvergesslichen Situation beeinflusst und langfristig geprägt.

Gefühle in der Schwangerschaft

Du durchläufst in der Schwangerschaft ganz unterschiedliche Gemütszustände. Vergleicht man alle schwangeren Frauen, kann man schnell erkennen: Jede einzelne Phase der Schwangerschaft ist trotz aller persönlicher Unterschiede meist von bestimmten Gefühlen geprägt, die sich bei allen werdenden Müttern sehr ähneln.

Erstes Trimester der Schwangerschaft

Glücksgefühle gegen Verzweiflung:

Die Emotionen des ersten Trimesters einer Schwangerschaft sind enorm davon abhängig unter welchen Umständen die Schwangerschaft eingetreten ist. Während werdende Mamas, die lange auf das Wunschkind gewartet haben, mit einem positiven Schwangerschaftstest in der Regel von Glücksgefühlen überschwemmt werden, bringen ungeplante Schwangerschaften im ersten Augenblick erst einmal Unverständnis, Verzweiflung und Ängste mit sich.

Die Schwangerschaft nicht wahrhaben können:

Grundsätzlich vereint jede Schwangere das Gefühl, das Mutter-Werden gar nicht begreifen zu können. Da die Gebärmutter noch sehr klein ist und sich der Körper im ersten Trimester noch kaum verändert, scheint die Schwangerschaft erst einmal nicht greif- und fassbar.

Schwangerschaft ja oder nein:

Natürlich sind es insbesondere Frauen mit einer ungeplanten Schwangerschaft, die sich nun mit der Frage auseinandersetzen, ob sie das Baby austragen möchten. Bis zur 12. Schwangerschaftswoche dürfen sich Frauen in Deutschland für oder gegen das Kind entscheiden. Wer ungewollt schwanger ist, zweifelt häufig daran, eine gute Mutter zu werden, was die Entscheidung häufig stark beeinflusst. Doch auch der gegensätzliche Fall kommt vor: Denn häufig fällt es Frauen, die eigentlich keine Kinder wollten, dann sehr schwer, sich gegen das Baby zu entscheiden. Die Entscheidung für einen Abbruch ist für Frauen vielfach eine lebenslange Belastung, vor allem dann, wenn sie aus schwierigen Umständen heraus als scheinbar einzig richtige Lösung getroffen wurde.

Ängste vor einer Fehlgeburt:

Besonders in den ersten zwölf Wochen, wenn die Wahrscheinlichkeit für eine Fehlgeburt noch recht hoch ist, fürchten sich Frauen vor einem möglichen Abgang. Gerade weil sie das Baby noch nicht spüren können, sind sie zwischen den ersten Kontrolluntersuchungen beim Frauenarzt besonders ängstlich.

Ängste vor Fehlbildungen:

Die Vorsorgetermine sind wichtig, um Ängste um die Gesundheit des Babys zu nehmen. Bis das Baby groß genug ist, um ausgiebige Ultraschalluntersuchungen durchzuführen, vergehen einzelne Tage gefühlt oft wie Wochen für Dich als werdende Mama. Erst wenn sichtbar wird, dass alle Körperteile richtig entwickelt und die Organe des Babys auf den ersten Blick gesund sind, fällt die Anspannung ab.

Stimmungsschwankungen:

Während einer Schwangerschaft herrscht regelrecht Hormon-Chaos. Insbesondere in den ersten Wochen, wenn sich Dein Körper noch auf die neuen Umstände einstellen muss, wirken Frauen deshalb oftmals völlig verändert. Das kann sich durch ein besonders leicht reizbares Gemüt, aber auch in Form von „überempfindlichem“ Verhalten zeigen.

Zweites Trimester der Schwangerschaft

Zufriedenheit:

Für viele Frauen ist ganz besonders die Mitte der Schwangerschaft die wohl schönste Zeit. Viele Beschwerden des ersten Trimesters, vor allem die Übelkeit, weichen nun einem allgemeinen Wohlbefinden. Die ersten kritischen Wochen sind vorbei, die Schwangerschaft hat sich gefestigt. Langsam ist nun auch äußerlich zu sehen, in welchen Umständen Du Dich befindest. Im zweiten Trimester wirken Schwangere gelöst, entspannt und tragen ihren wachsenden Bauch mit Stolz.

Spannung bezüglich des Geschlechts:

Du möchtest das Geschlecht Deines Babys schon vor der Geburt wissen? Dann musst Du Dich – je nachdem wie „zeigefreudig“ Dein Baby ist – auf weitere Gefühlsschwankungen einstellen, gerade wenn Du ein Wunschgeschlecht hast.

Beginnende Vorfreude:

Erste Ängste nach dem Bekanntwerden der Schwangerschaft sind meist verschwunden, stattdessen steigert sich die Vorfreude auf den Nachwuchs immer mehr.

Schwangerschafts-Demenz:

In puncto Gefühle scheint im zweiten Trimester alles im Lot, schließlich sind die Geburt und der Alltag mit Baby noch in gefühlt weiter Ferne. Dennoch wirken viele werdende Mamas manchmal etwas zerstreut. Das lässt sich auf die hormonelle Veränderungen in Deinem Körper zurückführen. Eine solche Schwangerschafts-Demenz ist durchaus typisch und kein Grund zur Sorge.

Drittes Trimester der Schwangerschaft

Das letzte Drittel der Schwangerschaft ähnelt ein wenig dem ersten Trimester, da vor allem in den letzten Wochen einige Ängste wiederkehren. Dabei geht es um Sorgen um die Gesundheit des Babys, Ängste vor der Geburt selbst, Kraftlosigkeit und Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper.
Auch wenn Gefühlsschwankungen in der Schwangerschaft im Grunde ganz normal sind, solltest Du die Ängste und Sorgen dennoch nicht die Oberhand gewinnen lassen. Denn insbesondere starker psychischer Stress, den Schwangere durchaus durch die Ängste selbst auslösen können, kann Einfluss auf die Gesundheit des Fötus haben. Zum einen sorgt Stress häufig für Bluthochdruck bei der Mama, was sich wiederum negativ auf die Arbeit der Plazenta und damit auf die Versorgung des Babys auswirken kann. Zum anderen erreicht das bei Stress entstehende Cortisol zu einem gewissen Teil (circa 10%) auch das Kleine. Forscher haben festgestellt, dass häufiger Stress der Mama beim Baby Reifeprozesse des Gehirns beschleunigt. Das wiederum erhöht die Anfälligkeit für Erkrankungen, insbesondere auch die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind später an Depressionen leidet. Das gilt natürlich auch für fremdverschuldeten Stress.

Schwangerschaftswochen

Die Schwangerschaftsdepression

Während der Schwangerschaft ist es enorm wichtig, nicht nur für die körperliche Gesundheit von Dir und Deinem Baby zu sorgen, sondern auch für eine gesunde Psyche. Diese kann unter dem Einfluss der hormonellen Umstellung durchaus ins Wanken geraten. Immer häufiger kommt es sogar zu Depressionen in der Schwangerschaft. Circa jede zehnte Schwangere bedarf einer Behandlung, die leider nur in den seltensten Fällen erfolgt.

Grundsätzlich gilt zu sagen, dass es für Dich und Deinen Familie wichtig ist, zu verstehen, dass es sich hier um eine behandelbare Erkrankung handelt. Zudem ist eine Schwangerschaftsdepression kein persönliches Versagen als Mama oder Frau und auch kein Zeichen dafür, dass Du eine schlechte Mutter wirst. Es ist eine Krankheit, die behandelt werden kann. Nimm Dir in Deinem und dem Interesse Deines Babys die professionelle Hilfe, die Du brauchst. Auf der Homepage der Deutschen Depressionshilfe findest Du viele weitere hilfreiche Informationen und Tipps sowie verschiedene Hilfsangebote und die Telefonnummer zum Info-Telefon Depression.

Wann spricht man von einer Schwangerschaftsdepression?

Im Hinblick auf die Symptomatik unterscheidet sich eine Schwangerschaftsdepression nicht von einer üblichen Depression. Allerdings besteht hier nicht nur Gefahr für die Mama selbst, sondern auch für das ungeborene Kind. Besonders häufig leiden Frauen im zweiten und dritten Trimester an depressiven Verstimmungen bis hin zur Depression. Leider wird eine Schwangerschaftsdepression nicht immer auch als eine solche erkannt, da Gefühlsschwankungen im Verlauf einer Schwangerschaft normal sind. Eine Diagnose ist zudem erschwert, weil die typischen körperlichen Symptome einer Depression den normalen Begleiterscheinungen in der Schwangerschaft sehr ähnlich sind. Lediglich bei 20 Prozent aller betroffenen Frauen wird die richtige Diagnose getroffen. Doch auch wenn sie diagnostiziert wird, gibt es ein zweites Problem. Eine medikamentöse Behandlung ist oft problematisch, weil die Einnahme von Medikamenten aufgrund der Schwangerschaft begrenzt ist.

Risikofaktoren und Ursachen für eine Schwangerschaftsdepression

  • Gesundheitliche Vorgeschichte: Frauen, die bereits vor der Schwangerschaft schon einmal an einer Depression erkrankt waren, erleiden in über 40 Prozent der Fälle erneut einen Rückfall. Die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaftsdepression ist gleichfalls deutlich erhöht, wenn bereits Depressionen und andere psychische Erkrankungen innerhalb der Familie aufgetreten sind.

  • Schwierige Lebensumstände: Der Einfluss, den die positive Stimmung im persönlichen Umfeld und die Unterstützung durch die Familie auf die Psyche haben, ist nicht zu unterschätzen. Probleme im eigenen sozialen Umfeld erschweren es den werdenden Müttern enorm, sich auf die Schwangerschaft und die Zeit nach der Geburt emotional einzulassen. Auch finanzielle Gegebenheiten machen sich bemerkbar – besonders ein niedriges Einkommen und damit verbundene Sorgen belasten die werdenden Mamas enorm.

  • Belastende emotionale Ereignisse: Einschneidende Lebensereignisse können Schwangere emotional schlichtweg überfordern. So können beispielsweise familiäre Todesfälle, eine eigene vorangegangene Frühgeburt oder ähnliche Schicksalsschläge das Ausbrechen einer Depression begünstigen.

Mögliche Therapieformen bei einer Schwangerschaftsdepression

Oberstes Ziel bei der Behandlung ist die psychische Stabilisierung der Mama, um sowohl Gefahren für sie selbst als auch die Auswirkungen auf das Baby zu minimieren. Die Gabe von Psychopharmaka ist während der Schwangerschaft jedoch stark umstritten und sollte aufgrund der höheren Risikobelastung nur in absoluten Ausnahmefällen genutzt werden. Die wohl gängigste Therapieform ist die Psychotherapie: hier soll die Genesung durch mögliche Gesprächs- und Verhaltenstherapien gefördert werden. Die Psychotherapie kann auch präventiv angesetzt werden, zum Beispiel wenn bereits eine Neigung zu Depressionen vorliegt. Die Psychotherapie gilt außerdem als äußerst langanhaltend und kommt meist ohne die Zugabe von Medikamenten auf.

Auf der Homepage der Deutschen Depressionshilfe findest Du viele weitere hilfreiche Informationen und Tipps sowie verschiedene Hilfsangebote und die Telefonnummer zum Info-Telefon Depression.